Was passiert in deinem Gehirn, wenn du ständig gestresst bist? Du wirst unkonzentrierter, reizbarer und irgendwann völlig erschöpft. In diesem Artikel erklären ich dir, was im Gehirn bei Dauerstress passiert – und warum das viele Entscheidungen, Emotionen und sogar dein Selbstbild beeinflussen kann. Die gute Nachricht: den Umgang mit Stress ist lernbar.
Rational oder intuitiv?
Rational reagieren bedeutet Entscheidungen auf Basis von Fakten zu treffen. Dabei spielen kritisches Denken, Bewertung von Daten und strukturiertes Vorgehen eine grosse Rolle. Intuitives Denken setzt Erfahrung auf dem betreffenden Gebiet voraus. Diese Erfahrung ist letztlich für das Gespür für das «Richtige» verantwortlich. Beide Arten rationales (kognitives) und intuitives (gefühlbetontes) Denken haben ihre Vor- und Nachteile. Wissenschaftlich betrachtet werden die besten Entscheidungen getroffen, wenn intuitives Denken und rationale Analyse in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.
Was passiert, wenn Stress dazu kommt?
Stress bekommen wir unter anderem, wenn wir eine Belastung nicht bewältigen können, oder wenn wir glauben mit einer Belastung nicht fertig zu werden. Der Körper aktiviert dann das autonome Nervensystem. Vermehrt werden die Hormone Adrenalin und Cortisol ausgeschüttet, was zu schnellerem Herzschlag, kürzerer Atmung und grösserer Muskelspannung führt. Der Körper bereitet sich auf Kampf oder Flucht vor. Um Energie zu sparen wird dabei weiter teilweise der rationale Teil des Gehirns (präfrontaler Kortex) heruntergefahren. Es kommt zu drei Reaktionen:
Die Amygdala, das Zentrum für Angst und emotionale Reaktionen, wird unter Stress überaktiv. Wir neigen zu emotionalen Reaktionen, die uns eigentlich als überzogen erscheinen und die oft gegen unsere Absichten sind. Das Gehirn meldet vermehrt «Gefahr» obschon objektiv gesehen keine vorhanden ist. Die Situationen werden unter Stress schneller bewertet und das sorgfältige Abwägen bleibt auf der Strecke.
Zum besseren Verständnis berichte ich hier aus einer Studie der Standford University: (Thackery I. Brown u. a.: Stress disrupts human hippocampal-prefrontal function during prospective spatial navigation and hinders flexible behavior. Current Biology , 30, 1-13, 2020. DOI: 10.1016/j.cub.2020.03.006)
Die Forscher ließen ihre Probanden durch virtuelle Städte räumlich navigieren, damit sie ein Ziel in diesen Städten erreichen konnten. Insgesamt 38 Teilnehmer lernten vor der eigentlichen Aufgabe in einem zweitägigen Training zwölf verschiedene Routen in diesen virtuellen Städten kennen und trainierten die Navigation. Die Routen waren anhand von Pfeilen vorgegeben. In der späteren Aufgabe, die dann am dritten Tag stattfand, waren die Pfeile nicht zu sehen.
Einem Teil der Gruppe kündigten die Psychologen an, sie würden dann während der Navigationsaufgabe milde elektrische Schocks erhalten, überraschend und unabhängig von ihrer jeweiligen Leistung. Die anderen erhielten keine dieser milden Elektroschocks. Allen wurde dann ein Ziel vorgegeben, das mit einer der zwölf Routen erreichbar war. Die Forscher werteten aus, wie die Teilnehmer an die Ziele gelangten. außerdem beobachteten und verglichen sie die Gehirne der Probanden mit Magnetresonanztomografie.
Gestresste Probanden entschieden unflexibel
Die nicht gestressten Teilnehmer waren bei der Aufgabe erfindungsreicher und fanden neue Abkürzungen, während die Gestressten nur auf diejenigen Routen zurückgriffen, die sie gelernt hatten (und die länger waren). Die Gestressten waren nicht in der Lage, sich nach Abkürzungen umzuschauen und zu überlegen, ob diese funktionieren würden. Wer milde Elektroschocks erhalten hatte, musste in deutlich stärkerem Maß als die nicht gestressten Teilnehmer auf Gelerntes zurückgreifen. Dies spiegelte sich auch in den Aufnahmen der Gehirne.
Die Forscher sehen in ihrem Experiment den ersten direkten Nachweis, wie sehr Stress das Denken, Planen und Entscheiden beeinträchtigen kann. Umgekehrt haben Menschen, die nicht unter Stress stehen, den Vorteil, besser planen und entscheiden zu können, wie die Wissenschaftler schreiben. Die Befunde zeigen, wie wichtig es ist, sich unter möglichst wenig Stress seinen Tätigkeiten widmen zu können.
Langfristiger Stress bewirkt, dass der Körper sich permanent in Alarmbereitschaft versetzt. Fühlt man sich über längere Zeit hinweg überarbeitet oder überfordert, reagiert der Körper mit permanenter Anspannung. Die daraus entstehenden Stresssymptome reichen von Verspannungen, Kopfschmerzen, Verdauungsproblemen, Hautproblemen bis Atemnot.
Oft wirkt sich Stress auch auf die Psyche aus: auf das Denken (siehe oben) und die innere Balance. Die ständige Anspannung lässt keine echte Entspannung mehr zu. Man schläft schlecht, hat Konzentrationsprobleme, wird reizbar und nervös, fühlt sich missmutig und niedergeschlagen. Ein Teufelskreis kann entstehen: Man neigt zu mehr Fehlern, sodass auch das Selbstbewusstsein leidet und vorrangig die negativen Dinge wahrgenommen werden. Die Probleme scheinen sich gleich in mehreren Lebensbereichen zu häufen. Menschen sagen dann oft: «Ich erkenne mich selber nicht mehr». Generell kann gesagt werden, dass Stress dazu führt, dass rationale Prozesse zurücktreten und emotionale, impulsive Reaktionen dominieren.
Die gute Nachricht
Es gibt eine grosse Menge von Massnahmen und Techniken, um die durch Stress verloren gegangenen Handlungsspielräume, Bewusstsein Einschränkungen und Selbstregulation zurückzugewinnen. Gerne gebe ich dir an dieser Stelle drei Tipps mit, die dir zur Regulierung des Nervensystems und damit zu mehr Entspannung verhelfen sollen:
Ein sich ständig drehendes Gedankenkarussell verstärkt und verlängert oft das Stresserleben. Der ständige Gedankenfluss können wir nicht einfach ausschalten. Doch wir können innerlich auf Distanz gehen und unsere Gedanken beobachtend wahrnehmen. Somit lassen wir uns in unserem Fühlen und Handeln nicht ganz von ihnen beherrschen und nehmen sie als das wahr, was sie sind: als Gedanken und nicht als Realität. So wird aus «ich kann das nicht», «ich beobachte, dass ich gerade den Gedanken habe: ich kann das nicht.» Das fühlt sich anders an, oder?
Sich vorzunehmen, den ganzen Tag ohne Pause durchzuarbeiten, damit man früher nach Hause gehen kann und die Erholungsphase am Ende des Tages länger ist, ist keine gute Idee. Denn, mit zunehmender Erschöpfung wird die erforderliche Erholungszeit nicht einfach nur länger, sondern überproportional länger bis hin zu einem Grad der Erschöpfung, bei der Erholung nicht mehr möglich ist. (Gert Kaluza). Das heisst, das regelmässige und vor allem rechtzeitige Pausen äusserts wichtig sind, damit wir gar nicht erst in den Zustand von völliger Erschöpfung geraten.
Wie du bereits weiter oben erfahren hast, werden unter Stress die Hormone Adrenalin und Cortisol ausgeschüttet. Muskeln spannen sich an, die Atmung wird flacher und der Herzschlag schneller. Es entsteht Energie. Regelmässige Bewegung hilft diese vom Körper bereitgestellte Energie wieder abzubauen. Der Kopf wird frei, die Gedanken kommen zur Ruhe und das seelische Wohlbefinden wird besser.
Ist die Anspannung bereits dauerhaft, hat man oft das Gefühl sich in einem Hamsterrad zu befinden. Oft gelingt es nicht mehr eine objektive Bewertung seiner Situation vorzunehmen, geschweige denn Massnahmen zur Entspannung umzusetzen. Hier kann eine Aussensicht und externe Begleitung, zum Beispiel durch einen professionellen Coach, äussert hilfreich und unterstützend sein.
Melde dich, wenn du mehr zu meiner Begleitung wissen möchtest. Oder du besuchst direkt meine Angebotsseite, indem du auf untenstehenden Button klickst.